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Diffuser Haarausfall: Ursachen und Therapie

Halbportrait einer jungen Frau mit wehenden blonden Haaren | Foto: Pixabay © pixabay.com/Engin_Akyurt

Wenn überall auf dem Kopf immer mehr Haare ausgehen und die Haut durchschimmert, ist das natürlich erst einmal ein Schreck. Besonders Frauen ab 40 sind betroffen, aber auch Schwangere. Welche Untersuchungen sind sinnvoll? Und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Haarausfall und schütteres Haar

Wenn es um diffusen Haarausfall geht, fallen in der Medizin immer wieder zwei Stichworte: Effluvium und Alopezie. Mit Effluvium ist der eigentliche Haarausfall gemeint, mit Alopezie der sichtbare Haarverlust, also die mehr oder weniger enthaarten Stellen auf der Kopfhaut. Alopezie kann den gesamten behaarten Kopf betreffen (diffus) oder einzelne Stellen (kreisrunder Haarausfall, Alopecia areata).

Diffuser Haarausfall ist ein verbreitetes Phänomen. Meist sind Frauen in den mittleren Jahren ab 40 betroffen. Der Haarausfall kann akut und vorübergehend sein oder aber chronisch bleiben. Die jeweiligen Auslöser sind vielfältig, deshalb ist es wichtig, genau nach den Ursachen zu forschen. Beim akuten Haarausfall gelingt das meist gut. Bei jeder dritten Frau, die von chronisch-diffusem Haarausfall betroffen ist, lässt sich allerdings keine Ursache identifizieren.

Frauen, die diffusen Haarausfall haben, berichten fast immer, dass der Haarverlust relativ plötzlich begann und sehr deutlich über den bisherigen normalen täglichen Haarausfall hinausgeht. Normalerweise gehen rund 100 Haare täglich aus. Das fällt zwar im Waschbecken, Kamm oder in der Bürste und auf dem Kopfkissen auf, nicht aber auf der Kopfhaut. Denn die durchschnittlich 100.000 Haarfollikel, die die Haare bilden, sorgen für gleichmäßigen „Nachwuchs“, weil sie sich in verschiedenen Phasen befinden. Drei Phasen gibt es:

  • Wachstumsphase, die zwischen 2 und 6 Jahre dauert
  • Ruhephase, die 2 bis 4 Wochen anhält, und die
  • Ausfallphase von rund 3 Monaten

Wachstum und Ausfall der Haare sind normalerweise in einem gut ausbalancierten Gleichgewicht, sodass es nicht zu dünn bewachsenen oder kahlen Stellen auf der Kopfhaut kommt.

Bei diffusem Haarausfall verlassen viele Haarfollikel zusammen die Wachstumsphase und kommen gleichzeitig über die Ruhephase in die Ausfallphase. Das merkt man dann zwei bis vier Monate später, wenn über den ganzen Kopf verteilt plötzlich viel mehr Haare als sonst ausfallen. Dieser vermehrte Haarverlust fällt auf, nicht nur beim Kämmen oder Waschen, sondern eben auch sichtbar auf der Kopfhaut.

Ursachen von diffusem Haarausfall

Warum verlassen die Haarfollikel plötzlich synchron die Wachstumsphase und kommen in die Ausfallphase? Viele Ursachen sind bekannt, die typischerweise 3 bis 4 Monate vor dem Haarausfall auftreten. Das ist zum Beispiel

  • Infektionen mit hohem Fieber, etwa bei echter Grippe
  • Größere Operationen
  • Chronischer Blutverlust über längere Zeit, etwa aus dem Magen-Darm-Trakt, mit resultierendem starken Eisenmangel
  • Diverse Medikamente, zum Beispiel Heparinspritzen, aber auch viele andere Arzneien
  • Hormone, zum Beispiel das Absetzen der „Pille“ oder von Hormonpräparaten in den Wechseljahren
  • Schwangerschaft
  • Chemotherapie bei Krebs

 „Die Diät wirkt: Meine Haare sind schon viel dünner“

Radikale Diäten mit stark erniedrigter Kalorieneinnahme können ebenfalls dazu führen, dass Haare synchron vermehrt ausfallen. Davon betroffen sind zum Beispiel auch junge Frauen mit Magersucht (Anorexie).

Auch etliche chronische Krankheiten können die Ursache von diffusem Haarausfall sein, etwa

  • Zöliakie (einheimische Sprue)
  • Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten wie Morbus Crohn
  • Diabetes
  • Schilddrüsenfunktionsstörungen, vor allem Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
  • Alkoholkrankheit
  • Autoimmunkrankheiten
  • Syphilis

Fallen die Blätter, fallen die Haare – und „Fellwechsel“ im Frühjahr

Junge Frau sitzt vor Baum auf Herbstlaub

© pixabay.com/DanaTentis

Interessant ist, dass es bei einigen Menschen einen Zusammenhang zwischen Jahreszeiten und akutem diffusen Haarausfall gibt. Zum Beispiel berichten etliche Wissenschaftler, dass vor allem Frauen im Herbst betroffen sind. Die Gründe dafür sind noch nicht wirklich bekannt.

Umgekehrt kann es passieren, dass manche Menschen vermehrt im Frühjahr Haare verlieren – wie man es von Felltieren im Frühling kennt. Zu einem solchen Haarausfall kann es auch kommen, wenn man aus einer lichtarmen Zone in eine lichtreiche reist. Zum Beispiel, wenn man im Winter aus Deutschland für einige Zeit nach Australien in den Sommer fliegt.

Mögliche Ursachen, die aber kontrovers diskutiert werden

Stress: Immer wieder berichten Menschen, dass ihnen plötzlich diffus die Haare nach großem Stress ausgegangen sind, zum Beispiel nach schwerer seelischer Belastung. Ein solcher Zusammenhang mit telogenem Effluvium (diffusem Haarausfall) wird in der Wissenschaft allerdings kontrovers diskutiert.
An Labor-Mäusen wurde gezeigt, dass bestimmte Entzündungs-auslösende Stoffe, die unter Stress gebildet werden, die Haarfollikel negativ beeinflussen. Inwieweit solche Befunde direkt auf Menschen übertragbar sind, ist ungewiss.
Andere Wissenschaftler vermuten, dass ein Zusammenhang zwischen Stress und Haarausfall aus Erklärungsnot hergestellt wird, wenn keine andere Ursache gefunden wurde.

Mäßiger Eisenmangel: Eisen ist ein wichtiges Spurenelement für gesundes Haarwachstum. Bei starkem Eisenmangel, zum Beispiel bei chronischem Blutverlust, behandeln Ärzte mit Eisenpräparaten.
Ob aber auch ein mäßiger oder geringer Eisenmangel die Ursache für diffusen Haarausfall ist und behandelt werden sollte, ist umstritten.

Mangel an Spurenelementen wie Zink und Vitaminen wie Biotin: Bei uns und auch in anderen westlichen Industrienationen gibt kaum noch einen schweren Mangel an Spurenelementen und Vitaminen. Allerdings wird immer wieder diskutiert, ob auch leicht erniedrigte Werte im Körper Haarverlust auslösen können und deshalb ausgeglichen werden sollten.

Diagnostik bei diffusem Haarausfall

Anamnese: Die Ärztin oder der Arzt fragt unter anderem nach Ereignissen, die 2 bis 4 Monate vor dem Beginn des Haarausfalls stattfanden, zum Beispiel größere Operationen oder schwere fieberhafte Infekte. Wichtig ist außerdem, ob es chronische Erkrankungen gibt, die auch schon länger bestehen können, wie Diabetes oder chronisch-entzündliche Darmkrankheiten.
Gut ist es auch, eine Liste mit den Medikamenten parat zu haben, die neuerdings oder auch schon länger eingenommen werden – oder die abgesetzt wurden, etwa Hormonpräparate.

Vielleicht sind auch Familienangehörige von diffusem Haarausfall betroffen? Das wäre eine wichtige Information für die Ärztin oder den Arzt.

Blutuntersuchungen: Je nach dem, was sich bei der Anamnese an Hinweisen ergibt, wird Blut für Laboruntersuchungen abgenommen. Dabei wird zum Beispiel nach Entzündungsparametern, Eisenmangel etc. gefahndet und die Schilddrüsenwerte geprüft.

Zugtest: Es ist nicht nötig, Büschel ausgefallener Haare in die Sprechstunde mitzunehmen. Denn zum einem wird sich die Ärztin oder der Arzt die Kopfhaut ganz genau angucken und den schütteren Haarwuchs sehen. Zum anderen gibt es den ganz einfachen Zugtest, mit dem der Arzt prüft, wie fest die Haare in den Haarfollikeln stecken.

Beim Zugtest fasst der Arzt ca. 40 bis 60 Haare und zieht leicht daran, und das in der Regel an verschiedenen Stellen am Kopf. Wenn überall mehr als 10 Prozent der gefassten Haare ganz leicht ausgehen, ist klar, dass mehr Haarfollikel als normal in der Ausfallphase (Telogenphase) sind.

Trichogramm: Mit dieser Untersuchung wird geklärt, wie viele Haarfollikel sich in welcher Phase befinden (Wachstums-, Ruhe- oder Ausfallphase). Daraus kann der Arzt auch schließen, wie der Haarverlust in den kommenden Monaten sein wird, zum Beispiel: Je mehr Haarfollikel in der Ausfallphase sind, desto mehr und länger wird der Haarausfall sein. Sind dagegen mehr Haarfollikel in der ersten Phase, wird der Haarverlust bald aufhören, und die Haare werden wieder wachsen. Ein Trichogramm ist nicht immer notwendig.

Andere Untersuchungen:

  • Die Dermatoskopie ist eine Untersuchen der Kopfhaut mit einem speziellen Mikroskop in 30-facher Vergrößerung
  • Digitale Analyse: Der behandelnde Arzt speichert Fotos der Kopfhaut im Computer und kann so über Monate den Verlauf des Haarausfalls oder des erneuten Haarwachstums dokumentieren und vergleichen
  • Haar- und Haarschaftanalysen klären, wie gesund die Haare sind oder ob es Auffälligkeiten gibt
  • Kopfhautbiopsien dienen der feingeweblichen Untersuchung

Ob solche Untersuchungen notwendig sind, entscheidet sich von Fall zu Fall.

Mögliche Therapien

Am einfachsten ist eine Behandlung, wenn es eine klare Ursache gibt. Das ist meist bei akutem diffusem Haarausfall so.

Keine Therapie ist erforderlich, wenn der diffuse Haarverlust zum Beispiel nach einer schweren fieberhaften Erkrankung, nach einer Schwangerschaft, bei einer Chemotherapie oder nach einer größeren Operation begann. Denn dann hört der Haarausfall nach einigen Monaten von selbst wieder auf, die Haarfollikel sind wieder asynchron in den verschiedenen und die Haare wachsen nach.

Kann der behandelnde Arzt etwa Medikamente identifizieren, die als Nebenwirkung Haarausfall verursachen, kann der Wechsel auf ein anderes Medikament eventuell Abhilfe schaffen, sofern ein Wechsel möglich ist.

Bei schwerem Eisenmangel werden die Eisenspeicher im Körper über einige Monate medikamentös wieder aufgefüllt. War der Eisenmangel tatsächlich die Ursache für den Haarausfall, wird das aufhören und das Haar wieder normal wachsen.

Bei Schilddrüsenfunktionsstörungen ist eine Therapie relativ einfach. Bei anderen chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Autoimmunkrankheiten wird es schon schwieriger. Wird eine solche Krankheit überhaupt erst anlässlich des Haarausfalls festgestellt, ist es durchaus möglich, durch gezielte Therapien auch den Haarverlust günstig zu beeinflussen. Bei schon länger bestehenden chronischen Krankheiten ist es mitunter möglich, die Behandlung der Krankheit noch weiter zu optimieren.

Bei jeder dritten Frau mit chronischem diffusem Haarausfall wird keine Ursache gefunden

Leider ist es so, dass bei rund 30 % der Frauen, bei denen der diffuse Haarausfall länger besteht und damit chronisch ist, keine Ursache gefunden werden kann. Das heißt, es gibt auch keine spezifische Therapie. Was bedeutet das für diese Frauen?

Viele betroffene Frauen finden sich über kurz oder lang mit der Situation ab. Sie kaschieren geschickt durch geeignete Haarschnitte und hellere Haarfarben den schütteren Haarwuchs.
Andere versuchen alles Mögliche wie Nahrungsergänzungsmittel, durchblutungsfördernde Maßnahmen wie Kopfhautmassagen. Oder sie greifen zu Pflegemitteln, die das Haarwachstum fördern sollen.
Viele der angebotenen Mittel und Präparate sind teuer und die Wirksamkeit ist zumindest fraglich. Auch wenn immer wieder einzelne Betroffene von Erfolgen berichten.

Fazit:

  • Diffuser Haarausfall ist häufig, und vor allem Frauen jenseits des 40. Lebensjahres sind betroffen
  • Viele Ursachen sind bekannt, etwa bestimmte Krankheiten, diverse Medikament, aber auch Schwangerschaft
  • Es gibt einfache und wenig aufwändige Untersuchungen, die bei der Ursachensuche oft schon gut weiter helfen
  • Akuter diffuser Haarausfall hört meist von selbst wieder komplett auf. Ergibt eine Untersuchung einen Hinweis auf eine Ursache wie schwerer Eisenmangel, kann eine gezielte Therapie erfolgen
  • Bei chronischem diffusem Haarausfall ist eine Therapie oft schwieriger, vor allem wenn chronische Krankheiten die Ursache sind
  • Bei 30 % der betroffenen Frauen ist keine Ursache zu finden. Die meisten Frauen finden sich dann mit der Situation ab

Gabriele Wagner, Redaktion health & hair

Basierend auf:
Zenker, S.: Haarausfall. ästhetische dermatologie & kosmetologie 2017; 3:31-3
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Wolff, H.: Wenn Frauen Haare lassen.
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Peters, E.M.J. et al.: Probing the Effects of Stress Mediators on the Human Hair Follicle. Am J Pathol 2007; 171:1872–188
Hadshiew, I.M.et al.: Burden of Hair Loss: Stress and the Underestimated Psychosocial Impact of Telogen Effluvium and Androgenetic Alopecia. J Invest Dermatol 2004; 123:455–457
Trüeb, R. M.: Das idiopathische chronische Telogeneffluvium der Frau.
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